Oberbürgermeister von
Villingen-Schwenningen

Zum Leserbrief von Michael Schopfer und Thomas Moser: „Ist dieser OB angezählt?“

19.08.2023
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Besser geht immer

Was ist eigentlich mit unserer Stadt los? Da wird abends an dunklen Stammtischen über die Verwaltung gepoltert und aufgezählt, warum unsere schöne Stadt den Bach hinuntergehen soll. Dabei könnte ein Blick vom Bierkrug aus dem Fenster bereits helfen, denn Bereiche, in denen sich Villingen-Schwenningen stark entwickelt, gibt es viele.

Die Wirtschaft würde gerne investieren, heißt es, doch könne nicht. Der Blick auf verschiedene Großprojekte zeigt anderes. Die Salzgrube entwickelt sich stetig weiter, zuletzt mit der Ansiedlung der Schwenninger Firma Schlenker Federn. Andere große Unternehmen wie IMS Gear, Noerpel, Jenoptik, Unternehmen mit großer Strahlkraft, haben hier bereits ihr Zuhause gefunden. Das neue Gewerbegebiet „Spitals Dreißig Jauchert“ im Zentralbereich wurde erst um fünf Hektar Fläche erweitert, hier entsteht genau jetzt ein Sondergebiet für Forschungs-, Lehr- und Technologieeinrichtungen sowie für medizinische Dienstleitungen und Versorgungen. Unbegrenzt Flächen gibt es auch in VS nicht, für neue, mutige und innovative Ideen haben wir aber immer Platz.

„Und was ist mit Glas-Wehrle?“, höre ich es von den Stammtischen rufen. Hier haben wir nicht nur gefragt „Was können wir für euch tun?“, sondern die städtische Verwaltung hat im intensiven Austausch mit dem Unternehmen nach verschiedenen Standorten, unter anderem in der Salzgrube, gesucht und diese dem Unternehmen auch angeboten. Dass das Unternehmen einen speziellen Zuschnittswunsch hatte, der in VS nicht umgesetzt werden konnte, ist aus meiner Sicht natürlich bedauerlich, letztlich entscheidet aber jedes Unternehmen selbst, wo es sich wie entwickeln will – es gibt zahlreiche, die das in VS tun und auch in Zukunft tun wollen.

Die Menschen, Bürgerinnen und Bürger, Gastronomen und Vereine, fühlen sich gegängelt und leiden unter Existenzängsten, heißt es. Diese Sorgen und Ängste sehe ich – und das nicht nur in Villingen-Schwenningen, sondern kreis-, bundes-, landesweit. Und auf jeder Ebene wird versucht, diesen Sorgen und Ängsten entgegenzutreten. In VS macht man das mit verschiedenen Maßnahmen wie zum Beispiel dem Stadtstrand, der sehr gut angenommen wird und für eine Belebung der Innenstadt sorgt. Mit PopUp-Stores wird ebenfalls ein neuartiges Konzept ausprobiert, das mehr Menschen in die Städte bringen kann. Davon profitieren nicht nur die bestehenden Händler, sondern auch die Gastronomen.

Sie möchten noch ein paar Beispiele mehr? Wie wäre es mit dem Megaprojekt „Oberer Brühl“, wo neuer Wohn-, Arbeits- und Lebensraum entsteht? Oder mit den Klimazielen, die man in VS zum Beispiel durch den Bau von neuen PV-Anlagen und der Bereitstellung von Ausgleichsflächen bei Neubauprojekten angeht? Oder mit Projekten wie der unlängst gestarteten Diskussion zur doppelstädtischen Bäderlandschaft? Schließlich sollen vor allem Vereine und Schulen von einem neuen Hallenbad profitieren.

Kann man das alles in einer städtischen Verwaltung noch besser machen? Ja, besser geht immer. Und wenn wir an unsere Grenzen des Möglichen kommen, dann aufgrund von Fachkräftemangel und einigen vakanten Stellen. Ich bitte Sie, fragen Sie doch einfach mal die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – die Erzieherinnen in den Schulen und Kitas, das Team der TDVS, die Kolleginnen und Kollegen aus dem Bürgeramt, all die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter, die sich mit höchster Professionalität jedem Thema aus der Bürgerschaft widmen – wann diese das letzte Mal in ihren Stühlen herumlümmeln konnten. Ich könnte mir vorstellen, dass die Antwort wenig erfreulich für den Fragenden sein könnte, denn hier wird tagtäglich im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger sehr viel geleistet.

Dass ein Mitarbeiter einmal mit seinem Chef unzufrieden ist und dann – am Stammtisch – die Führungsetage kritisiert ist etwas, was nicht alleine in einer städtischen Verwaltung vorkommt. Aber auch hier nehme ich jede Rückmeldung Ernst, denn das Wohl der Kolleginnen und Kollegen ist mir sehr wichtig. Aus meiner Sicht ist gerade in den letzten Jahren viel geschehen, um unserem Personal gerecht werden zu können – es wurde ein Führungskräfteleitbild erstellt, es gibt regelmäßige Get-Together, ständigen Austausch auf den Führungsebenen. Meine Erwartungshaltung misst sich ganz bestimmt eher an der oberen Kante, aber das ist in VS auch unumgänglich. Optimierungsbedarf sehe ich in der internen Kommunikation und deshalb wurde jüngst dazu auch eine neue Stelle geschaffen.

Diese Stadt lebt von dem Einsatz der Bürgerinnen und Bürger, egal, ob Sie dies auf der Arbeit, im Verein oder im Privaten tun. Pauschalaussagen ohne Faktencheck vom Stammtisch aus, bei denen eine Stadt, in der so viel passiert, schlechtgeredet wird, sind es, die den Anstrengungen jedes einzelnen Bürgers einen Knüppel zwischen die Beine werfen.

Ich will hier klar sagen: Konstruktive Kritik ist nicht nur erlaubt, sondern auch erwünscht und erbeten. Was aber schlicht nicht hilfreich ist, wenn die immer gleichen pauschalen Falschaussagen wie „In VS passiert nichts“ oder „Es wird alles nur schlimmer“ wieder und wieder wiederholt werden.
Ich wünsche mir stattdessen ein offenes, gerne auch kritisches Miteinander, denn unser Ziel ist letztlich dasselbe.

Jeder von uns will ein lebens- und liebenswertes Villingen-Schwenningen. Wer sich für dieses Ziel einsetzen will, die Stadt gestalten will, der ist auch in der städtischen Verwaltung herzlich willkommen. Jede helfende Hand – auch, wenn sie dazu vom Stammtisch aufstehen muss – wird gebraucht und geschätzt. Langeweile gibt es hier keine. Nur das lustlose Herumkleben am Bürostuhl können wir nicht anbieten.

Jürgen Roth,
Oberbürgermeister VS